Eine achtminütige, wirklich brilliante Rede in der französischen Nationalversammlung, die auch jeder Deutsche hören oder lesen sollte. Bravo, Monsieur!
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Claude Malhuret: Lage in der Ukraine und Sicherheit in Europa. 4. März 2025
Europa befindet sich an einem kritischen Wendepunkt in seiner Geschichte. Der amerikanische Schutzschild entgleitet, die Ukraine droht aufgegeben zu werden, Russland wird gestärkt.
Washington ist zum Hof Neros geworden, ein brandgefährlicher Kaiser, unterwürfige Höflinge und ein Hofnarr auf Ketamin, der für die Säuberung des öffentlichen Dienstes zuständig ist.
Das ist ein Drama für die freie Welt, aber in erster Linie ist es ein Drama für die Vereinigten Staaten. Trumps Botschaft lautet, dass es keinen Sinn hat, sein Verbündeter zu sein, da er Sie nicht verteidigen wird, Ihnen mehr Zölle auferlegen wird als seinen Feinden und Ihnen mit der Übernahme Ihrer Gebiete droht, während er die Diktaturen unterstützt, die bei Ihnen einmarschieren.
Der König des Deals zeigt, was es heißt, bäuchlings zu verhandeln. Er glaubt, dass er China einschüchtern wird, indem er vor Putin kuscht, aber Xi Jinping beschleunigt angesichts eines solchen Schiffbruchs wahrscheinlich die Vorbereitungen für die Invasion Taiwans.
Noch nie in der Geschichte hat ein Präsident der Vereinigten Staaten vor einem Feind kapituliert. Noch nie hat einer von ihnen einen Aggressor gegen einen Verbündeten unterstützt. Noch nie hat einer die amerikanische Verfassung mit Füßen getreten, so viele illegale Dekrete erlassen, Richter entlassen, die ihn daran hindern könnten, den Militärstab auf einen Schlag entlassen, alle Gegenkräfte geschwächt und die Kontrolle über die sozialen Netzwerke übernommen.
Das ist keine illiberale Entgleisung, sondern der Beginn der Entmachtung der Demokratie. Erinnern wir uns daran, dass es nur einen Monat, drei Wochen und zwei Tage gedauert hat, um die Weimarer Republik und ihre Verfassung zu Fall zu bringen.
Ich habe Vertrauen in die Stärke der amerikanischen Demokratie und das Land protestiert bereits. Aber in einem Monat hat Trump Amerika mehr Schaden zugefügt als in den vier Jahren seiner letzten Präsidentschaft. Wir waren im Krieg gegen einen Diktator, jetzt kämpfen wir gegen einen Diktator, der von einem Verräter unterstützt wird.
Vor acht Tagen, zur selben Zeit, als Trump Macron im Weißen Haus auf den Rücken klopfte, stimmten die USA in den Vereinten Nationen zusammen mit Russland und Nordkorea gegen die Europäer, die den Abzug der russischen Truppen forderten.
Zwei Tage später belehrte der der Mann im Oval Office, der sich vom Wehrdienst gedrückt hatte, den Kriegshelden Zelensky über Moral und Strategie, bevor er ihn wie einen Stallburschen mit dem Befehl, sich zu fügen oder abzutreten, hinauswarf.
Heute Nacht ging er noch einen Schritt weiter in Sachen Niedertracht, indem er die eigentlich zugesagte Waffenlieferung stoppte. Was sollte man angesichts dieses Verrats tun? Die Antwort ist einfach: sich stellen.
Und zuallererst keinen Fehler machen. Die Niederlage der Ukraine wäre die Niederlage Europas. Die baltischen Staaten, Georgien und Moldawien stehen bereits auf der Liste. Putins Ziel ist die Rückkehr nach Jalta, wo der halbe Kontinent an Stalin abgetreten wurde.
Die Länder des Südens warten auf den Ausgang des Konflikts, um zu entscheiden, ob sie Europa weiterhin respektieren sollen oder ob es ihnen nun freisteht, es mit Füßen zu treten.
Was Putin will, ist das Ende der Ordnung, die die USA und ihre Verbündeten vor 80 Jahren geschaffen haben, wobei der erste Grundsatz das Verbot des gewaltsamen Gebietserwerbs war.
Diese Idee ist der eigentliche Ursprung der UNO, wo die Amerikaner heute für den Aggressor und gegen den Angegriffenen stimmen, weil sich die Trump'sche Vision mit der Putins deckt: eine Rückkehr zu den Einflusssphären, wobei die Großmächte das Schicksal der kleineren Länder diktieren.
Meins ist Grönland, Panama und Kanada, deins die Ukraine, die baltischen Staaten und Osteuropa, seins Taiwan und das Chinesische Meer.
Auf den Partys der Oligarchen am Golf von Mar-a-Lago nennt man das „diplomatischen Realismus“.
Wir sind also auf uns allein gestellt. Doch die Behauptung, dass wir uns Putin nicht widersetzen können, ist falsch. Entgegen der Propaganda des Kreml geht es Russland schlecht. In drei Jahren hat es die angeblich zweitgrößte Armee der Welt geschafft, nur Krümel aus einem Land mit dreimal weniger Einwohnern herauszupicken.
Zinssätze von 25%, der Zusammenbruch der Devisen- und Goldreserven und der demografische Zusammenbruch zeigen, dass es am Rande des Abgrunds steht. Der amerikanische Befreiungsschlag für Putin ist der größte strategische Fehler, der je in einem Krieg begangen wurde.
Der Schock ist heftig, aber er hat auch etwas Gutes. Die Europäer kommen aus der Verleugnung heraus. Sie haben an einem Tag in München begriffen, dass das Überleben der Ukraine und die Zukunft Europas in ihren Händen liegen und dass sie drei Dinge tun müssen.
Sie müssen die Militärhilfe für die Ukraine beschleunigen, um den amerikanischen Rückzug auszugleichen, damit die Ukraine durchhält und natürlich, um ihre und Europas Präsenz in allen Verhandlungen durchzusetzen.
Das wird viel Geld kosten. Das Tabu der Verwendung eingefrorener russischer Vermögenswerte muss gebrochen werden. Die Komplizen Moskaus innerhalb Europas müssen durch eine Koalition nur der willigen Länder, natürlich mit dem Vereinigten Königreich, umgangen werden.
Zweitens ist zu fordern, dass jede Einigung mit der Rückkehr entführter Kinder und Gefangener sowie mit absoluten Sicherheitsgarantien einhergeht. Nach Budapest, Georgien und Minsk wissen wir, was Vereinbarungen mit Putin wert sind. Zu diesen Garantien gehört eine ausreichende militärische Stärke, um eine weitere Invasion zu verhindern.
Schließlich, und das ist am dringendsten, weil es am längsten dauern wird, müsste die europäische Verteidigung aufgebaut werden, die seit 1945 zugunsten des amerikanischen Schutzschirms vernachlässigt und seit dem Fall der Berliner Mauer sabotiert wurde.
Das ist eine Herkulesaufgabe, aber nach ihrem Erfolg oder Misserfolg werden die heutigen Führer des demokratischen Europas in den Geschichtsbüchern beurteilt werden.
Friedrich Merz hat soeben erklärt, dass Europa ein eigenes Militärbündnis braucht. Das ist ein Eingeständnis, dass Frankreich seit Jahrzehnten Recht hatte, als es für strategische Autonomie plädierte.
Diese muss nun noch aufgebaut werden. Es bedarf massiver Investitionen, einer Stärkung des Europäischen Verteidigungsfonds außerhalb der Maastrichter Verschuldungskriterien, einer Harmonisierung der Waffen- und Munitionssysteme, einer Beschleunigung des EU-Beitritts der Ukraine, die heute die größte europäische Armee stellt, eines Überdenkens des Stellenwerts und der Bedingungen der nuklearen Abschreckung ausgehend von den französischen und britischen Kapazitäten sowie einer Wiederbelebung der Programme für Raketenabwehrschilde und Satelliten.
Der gestern von Ursula von der Leyen angekündigte Plan ist ein sehr guter Ausgangspunkt. Und es wird noch viel mehr nötig sein.
Europa kann nur dann wieder zu einer Militärmacht werden, wenn es auch wieder zu einer Industriemacht wird. Kurz gesagt: Der Draghi-Bericht muss umgesetzt werden. Jetzt aber wirklich.
Aber die wahre Wiederbewaffnung Europas ist seine moralische Wiederbewaffnung. Wir müssen die Öffentlichkeit angesichts von Kriegsmüdigkeit und -angst und vor allem angesichts von Putins Kumpanen, der extremen Rechten und der extremen Linken, überzeugen.
Diese haben gestern in der Nationalversammlung, Herr Premierminister, vor Ihnen, erneut gegen die europäische Einheit, gegen die europäische Verteidigung plädiert. Sie sagen, sie wollen den Frieden. Was weder sie noch Trump sagen, ist, dass ihr Frieden die Kapitulation ist, der Frieden der Niederlage, die Ersetzung von de Gaulle Zelensky durch einen ukrainischen Petain unter Putins Stiefel.
Der Frieden der Kollaborateure, die den Ukrainern seit drei Jahren jegliche Hilfe verweigert haben.
Ist dies das Ende der Atlantischen Allianz? Die Gefahr ist groß. Doch seit einigen Tagen haben die öffentliche Demütigung Zelenskys und all die verrückten Entscheidungen, die seit einem Monat getroffen wurden, die Amerikaner endlich aufhorchen lassen. Die Umfragewerte sinken. Republikanische Abgeordnete werden in ihren Wahlkreisen von feindseligen Menschenmengen empfangen. Selbst Fox News wird kritisch.
Die Trumpisten sind nicht mehr majestätisch. Sie kontrollieren die Exekutive, das Parlament, den Obersten Gerichtshof und die sozialen Netzwerke.
Doch in der amerikanischen Geschichte haben die Anhänger der Freiheit immer gesiegt. Sie beginnen, ihren Kopf zu heben.
Das Schicksal der Ukraine entscheidet sich in den Schützengräben, aber es hängt auch von denjenigen in den USA ab, die die Demokratie verteidigen wollen, und hier von unserer Fähigkeit, die Europäer zu vereinen, die Mittel für ihre gemeinsame Verteidigung zu finden und Europa wieder zu der Macht zu machen, die es einmal in der Geschichte war und die es nur zögerlich wieder werden will.
Unsere Eltern haben unter großen Opfern den Faschismus und den Kommunismus besiegt.
Die Aufgabe unserer Generation ist es, die Totalitarismen des 21. Jahrhunderts zu besiegen.
Es lebe die freie Ukraine, es lebe das demokratische Europa!
Zumindest nicht in den Großstädten, also da, wo die meisten Migranten wohnen (und ich meine jetzt nicht die Österreicher). In München wurde die AFD nicht mal zweistellig (in meinem Wahlkreis 9,0%).
In Görlitz, wahrlich keine Ausländerhochburg, hat die AFD fast die absolute Mehrheit.
Um Habeck tut es mir leid. Das edle Antlitz (vulgo "Fresse") von Lindner nicht mehr sehen zu müssen, gehört dagegen zu den Highlights. Und Zarenknecht wird wohl in Zukunft die Talkshows nicht mehr mit ihrem ewig gleich putinistischen Senf beglücken.
PS: Die italienische Zeitung La Repubblica nennt das BSW "partito rossobruno"...
Sind die Faschisten für die Machtergreifung offenbar zu blöd. Ein Hoffnungsschimmer.