Zwei Millionen Euro


Am Freitag rief das "noble" Immobilienbüro wieder an. Sie hätten einen Käufer für meine Wohnung, der "eins-sieben" zahlen würde.

Man kann Leute, die einem 1,7 Mio Euro bieten, nicht einfach wegdrücken.

Ich denke darüber nach, sage ich. Bis Montag sagt er, es eilt. Montag ist Feiertag, sage ich. Achso, dann bitte Dienstag. Gut.

Am Samstag war ich lange spazieren und nachdenken. Mein Umfeld sagt, natürlich "musst" du verkaufen, so ein Angebot gibt es nicht wieder. Der Makler hatte das auch gesagt. Allerdings schon, als er "eins-drei" bot.

Wenn ich verkaufe, brauche ich eine neue Bleibe. Ich könnte mieten und viel Geld haben (wozu?), das in der Inflation und durch Mietzahlungen zusammenschmilzt oder kaufen.

Ich gucke also, was es gibt. Was mir gefällt (s.o.) ist unverkäuflich oder kostet Mondpreise. Was mir nicht gefällt, kostet fast soviel wie meine Wohnung.

Und das wenige, was meine Wohnung adäquat ersetzen könnte, kostet mehr.

Kaufen in München? Vergessen! Schon halte ich den Preis für meine Wohnung nicht mehr für absurd.

Sicher, in Italien - nicht an den bayrischen Seen - bekomme ich dafür eine Villa. Brauche ich eine Villa? Ein tolles Urlaubshotel tut es auch.

Ich spaziere durch das Herbstlaub, und am Abend ist es entschieden. Ich verkaufe nicht. Natürlich könnte der Wert in Zukunft fallen. Aber in der 1A-Altstadtlage kaum. Es gibt zuviel Geld und zuwenig Angebot. Selbst wenn, auch egal. Es bleibt immer mehr als genug, um in Würde bis zum Ende zu leben. Und mehr bedarfs nicht.

Am Dienstag will ich anrufen, aber er kommt mir zuvor. Nassforsches Gutelaunesprech: "Wann können wir den Kaufvertrag abschließen?" Gar nicht, sage ich. Gefühlte 20 Sekunden Stille, dann ein gequältes: "Ich rede noch mal mit dem Kunden."

Bevor ich sagen kann, bemühen Sie sich nicht, hat er schon aufgelegt.

Zwei Stunden später ist er wieder dran: Ich habe fantastische Nachrichten für Sie, der Kunde bietet Ihnen "zwo". Das ist jetzt aber wirklich das allerletzte Angebot.

Wunderbar sage ich, wenn das so ist, brauchen Sie ja nun nicht mehr anzurufen.

Es gibt jetzt möglicherweise in München einen Makler, der die Welt nicht mehr versteht. Und ein paar Leute, die mich von nun an für verrückt halten.




arboretum am 03.11 2021, 18:06  |  Permalink
Die Mauersegler finden das bestimmt gut, die möchten doch Ihre Untermieter bleiben.

avantgarde am 03.11 2021, 18:34  |  Permalink
Nachdem die Fenster ja jetzt auf dem neuesten Stand sind, wäre das vermutlich auch bei einem Verkauf kein Problem gewesen, außer der Verkäufer hätte sie vergrämt.

Ich hätte das bestimmt als Bedingung in den Vertrag schreiben lassen. :-)

Es klingt alles etwas gaga, aber ich wohne hier seit über 30 Jahren, jetzt ist alles so wie es soll.

Vielleicht ziehe ich ja später noch ins Voralpenland. Ich denke, das Geld dazu wird die Wohnung immer hergeben. Das "Blaue Land" zwischen Staffelsee und Kochelsee würde mir gefallen. In Garmisch sind die Berge schon zu nah, rund um Murnau hat man diesen weiten Blick übers Moos zur Alpensilhouette,

Aber das eilt nicht.

arboretum am 03.11 2021, 22:10  |  Permalink
Ich kenne die Gegend nicht, vermag daher auch nicht zu sagen, wie es dort ist, wenn man vielleicht im Alter mobil eingeschränkt ist und womöglich auch mal den ein oder anderen Arzt braucht.

Mein Vater lebte ja bis zu seinem Umzug zurück in die Großstadt jahrelang auf dem Land. Idyllische Gegend, aber in dem Dorf gab es keinerlei Geschäfte mehr und der Bus fuhr auch nur morgens und abends wenige Male. Ohne Auto ist man da aufgeschmissen.

avantgarde am 03.11 2021, 22:22  |  Permalink
Murnau z.B. hat eine gute Infrastruktur und ein erstklassiges Krankenhaus.

Aber es stimmt natürlich: Landleben. Ob ich das (mal) wirklich mag, weiß ich nicht.

Wahrscheinlich ist eine nette gemietete Wochenendwohnung besser.

arboretum am 03.11 2021, 22:25  |  Permalink
Stimmt, in Murnau ist eine hervorragende Klinik der Berufsgenossenschaften.

Es kommt halt auch darauf an, wo die Angehörigen und Freunde wohnen. Wenn die dann noch alle in München leben, man selbst aber auf dem Land, ist das auch doof.

avantgarde am 04.11 2021, 00:55  |  Permalink
Eben. Ich bin in der Altadt sozial sehr verwurzelt. Wurde schon oft gebeten, doch endlich für den Stadtrat zu kandidieren.

der imperialist am 03.11 2021, 20:18  |  Permalink
Sie sind halt in und mit München verwurzelt
Ist doch eine schöne Sache. Hätte ich ihre Ausgangslage, 😂😂😂

avantgarde am 03.11 2021, 21:09  |  Permalink
Die meisten Leute haben halt geerbt
Ich hab die Wohnung 30 Jahre lang abbezahlt.
Jetzt gehört sie wirklich mir, mit jeder knarzenden Parkettbohle.

arboretum am 03.11 2021, 22:26  |  Permalink
Haben Sie Fischgrätmuster?

avantgarde am 04.11 2021, 00:57  |  Permalink
Ja. Von ca. 1900.

am 03.11 2021, 21:26  |  Permalink
wenn die zinsen wieder anziehen
wir hängen ja auf einem minuszins von o,5%
dann bricht der immobilienmarkt zusammen
wann das passiert kann ich leider nicht wahrsagen nur das es passiert

ein scheck auf die zukunft kann dir keiner geben

ob der aktienmarkt in dieser weise zusammenbricht ist nich so sicher aber es wird schon eine gewaltige delle geben

aus ökonomischer sicht wär ein verkauf sinnvoll
strategisch nicht gerade unklug
es ist das typische sylt-problem
einen alten baum verpflanzt man nicht

wenn die inflation dauerhaft über 2% ist ohne energiepreise
kommt die EZB nicht um eine zinsanhebung herum
die bundesbank hat über jahre gewarnt
die präsidenten alle ihren hut aus wut genommen

man kann nicht aus politischem kalkül wirtschaftliche gegebenheiten wegdiskutieren
erdogan versucht es ja permanent
und hat eine inflationsrate von 20%
und einen jämmerlichen lira-kurs

irgendwann kommt der crash der EZB
zocken auf höhere zinsen seh ich als sehr lukrativ an allein beim timing kann ich nicht helfen

avantgarde am 03.11 2021, 21:48  |  Permalink
Aber vielleicht geht es gar nicht um Geld
sondern um die Frage: Wie möchte ich leben? Und was brauche ich dazu?

Muss mich ein Immobiliencrash interessieren? Da kommt jemand, der sagt, Deine Wohnung ist jetzt nur noch eine Million wert.

Ändert das mein Wohnen?

am 03.11 2021, 21:53  |  Permalink
das ist was ich mit sylt-problem angedeutet habe
die verkaufen auch nicht wenn ich das doppelte bieten würde

wenn es aber 2 erben gibt dann wird es interessant
dann wohnt der eine in hamburg und der andere in sylt und der in hamburg will kohle sehen die ja logischerweise der andere niemals bezahlen kann wenn das grundstück nicht teilbar ist

es ist schon mehr als richtig das sich der wirtschaftliche vorteil katastrophal ins gegenteil verkehrt
wenn ich dafür emotionale nachteile erleide
dann hab ich mit gurken gehandelt

avantgarde am 03.11 2021, 21:57  |  Permalink
Niemand liest Todesanzeigen aufmerksamer als Makler. Gibt es mehrere Erben, wird die Immobilie oft verkauft, weil nicht ausgezahlt werden kann.

am 03.11 2021, 21:59  |  Permalink
ja aber wäre es nicht geschickt wenn man keine erben hat
die wohnung doch zu verkaufen bei lebenswohnrecht?

das gibt es ja auch
dann trägt der käufer das risiko der hauspreise
und nicht du
und ein erkleckliches sümmchen erfreut dein gemüt jeden monat

sprech die truppe mal an
was sie dir bieten

sollte es allerdings zum vertrag kommen nimm einen anwalt der sich damit auskennt
da wär ein ziwo überfordert
falls sie pleite gehen beim zocken
dass das eigentum wieder an dich übergeht

avantgarde am 03.11 2021, 22:06  |  Permalink
Niemals
Wenn ich Geld bräuchte, würde eine Hypothek das Problem lösen.

am 03.11 2021, 22:13  |  Permalink
jeder ist anders
besonders in sylt
und offenbar auch in münchen

ich versteh das ja
ich zeige nur wege auf

ich würde ja auch nicht verkaufen
nur betriebswirtschaftlich ist das gerade nicht

das sind völlig unterschiedliche dinge
wenn einer verwurzelt ist dann kann man das nicht kaufen und das ist auch gut so

das ist halt die dialektik der ökonomie
aber geil drauf was dir der makler bietet warst du ja doch
um deine hütte schönzureden

man muss ja mal in klarheit sagen
für 500000 würde avantgarde ein perfektes immo in bayern erwerben können in bester lage und hätte 1,5 auf der hohen kante
das ist doch fakt oder nich?

avantgarde am 03.11 2021, 22:37  |  Permalink
In München nichts.
Im Speckgürtel auch nicht.
In vergleichbarer Qualität im Oberland ab 800K.
Aber ich bin noch zu sehr Großstadtmensch.

am 03.11 2021, 22:50  |  Permalink
ach avantgarde wenn du du jeden monat 5000 euro zuwendungen haben könntest bis zur endlebenszeit
müsstest du dich nich mit deinen pics aufmachen in münchener gegenden ob irgendeiner einen abstand einhält und rummspannen

avantgarde am 03.11 2021, 22:53  |  Permalink
??

che2001 am 04.11 2021, 00:12  |  Permalink
Für unser Haus, Mietshaus mit drei Obergeschossen, 550 Quadratmeter Wohnfläche, renoviert, 400 Quadratmeter Garten mit alten Bäumen, Innenstadtlage in einer Allee direkt gegenüber der Uni wurden 1, 7 Millionen geboten, und das waren 2013 noch 350.000.

Einfamilienhäuser Baujahr 1990 bis 2005, 120-130 Quadratmeter Wohnfläche, Grundstück 500-600 Quadratmeter gibt es bei uns so in der Preisklasse 200.000 bis 300.000 Euro.

Hätte ich einen Job in München würde ich mir wahrscheinlich eine Bleibe im Salzburger Land suchen und mit dem Wohnmobil reinpendeln.

avantgarde am 04.11 2021, 00:29  |  Permalink
Letztlich ein Nullsummenspiel
Wenn ich gleichwertig in Wohneigentum leben möchte, nützt mir ein Verkauf wenig, außer ich ziehe in eine wesentlich günstigere Gegend.

Fällt der Wert, dann auch für vergleichbare Wohnungen.