Jetzt doch eine kurze Unterbrechung der geplanten Flieder-Orgie. Hilft ja nichts.
Markus Söder hat gerade im Bayrischen Landtag verkündet, der bayrische Staat solle, nach dem Beispiel von Baden Württemberg, Künstlern in privaten Nöten (also solche, die keine geschäftlichen Liquiditätsengpässe wie Pachten oder Gehälter haben), für die nächsten drei Monate eine Soforthilfe von jeweils tausend Euro im Monat zu gewähren. Das entspräche in etwa einer Summe von 100 Mio Euro für den Bayrischen Staat.
Na großartig. Das ist im Prinzip weniger als HartzIV mit vorübergehender Übernahme höherer Mietkosten, denn in München sind selbst Einzimmermieten von 600 Euro illusorisch.
Viele Künstler haben aber nicht leichte oder mittlere Einnahmeverluste, sondern derzeit überhaupt keine Einnahmen. Mit 1000 Euro im Monat bezahlt man in der Regel in München gerade mal die Miete. Gut, wegen Nichtzahlung darf man derzeit nicht gekündigt werden, aber damit wird das Problem nur in die Zukunft verschoben. Denn bis Anfang 2022 müssen die Mietrückstände beglichen sein, und das mitten in einer sicher noch tiefen Rezession. Woher sollen diese Menschen das Geld dann nehmen?
Das heißt, wer in einer noch relativ bezahlbaren Wohnung lebt, wird dann rausgeworfen. Eine neue wird man sich noch weniger leisten können.
"Bayern ist ein Kulturstaat", tönt der Söder. Aber bitte nicht über 1000 Euro pro Monat.
Es wäre ehrlicher gewesen, den Menschen zu sagen: Ihr seid uns egal, geht halt Spargel stechen oder Regale einräumen.
Ach ja, und ab nächste Woche Maskenpflicht in allen Geschäften und im ÖPNV. Immerhin, die türkische Änderungsschneiderin um die Ecke wird es freuen.
PS: Ich habe noch nicht mal Steuerstundungen bzw. Herabsetzung der Vorauszahlungen beantragt. Ich hoffe, damit macht man sich in diesen Zeiten nicht verdächtig.
Und frei nach dem Zitat aus "Demolition Man": Ihr könnt eure Soforthilfe nehmen und sie euch stecken.
PPS: "Gedacht ist das Geld für Künstler, Musiker, Schauspieler, Kabarettisten und viele mehr,
die in die Künstlersozialkasse einzahlen."
Diese Bedingung wird auch von der
Tagesschau bestätigt.
Also schon wieder Einschränkung. Wer da nicht einzahlt, guckt schon wieder in die Röhre.
Wie skandalös der Umgang mit freischaffenden Künstlern bisher war, steht in der
Süddeutschen Zeitung.
Trostlos, empörend, zynisch. Mir war jeder Lokalpatriotismus immer wurscht, aber in diesem Fall bin ich froh in Norddeutschland zu leben.
Ich vergaß zu erwähnen: Natürlich ist ein mindestens 50prozentiger Umsatzeinbruch bei Künstlern "nachzuweisen". Soviel zu "unbürokratisch".
Die Soforthilfe gibt es seit einem Monat, und jetzt fällt denen auf, dass die Leute, die sie am dringendsten brauchen, sie gar nicht bekommen.
Interessanterweise stand auf dem ersten Antragsformular noch nichts davon, dass die Finanznot "geschäftlich" sein muss. Zwei Tage später wurde es stillschweigend geändert, und wer noch das alte heruntergeladene Formular abgeschickt hat, bekam Bescheid, das gelte nicht mehr.
Die Klavierlehrerin, von der ich erzählte, hatte (erst mal) enormes Glück. Aber wie ich diesen Staat kenne, kommt da 2021 die Retourkutsche.
Ein Kleinbetrieb kann schon mal zwei Monate durchhalten, Pachten können gestundet, Angestellte in Kurzarbeit geschickt und Rechnung später bezahlt werden.
Aber bei manchen Künstlern fällt das Einkommen auf Null, und niemand weiß für wie lange.
Ich bin gottlob durch eine schuldenfreie Wohnung abgesichert. Mit einer Zwangshypothek ist aber zu rechnen.